Alles begann auf einem Flohmarkt. Kram-, Bratwurst- und Bierstände drängten sich auf dem sonntäglich verwaisten Parkplatz eines großen Baumarktes draußen vor der Stadt. Ich bin süchtig nach Flohmärkten, ich weiß nicht, woher ich das habe. Weder meinen Eltern noch meinen Geschwistern würde etwas in die Wohnungen kommen, das vorher im Besitz anderer Menschen gewesen ist. Ihre Dinge sind kühl, ohne Geschichte. Ihre Wohnungen licht und leer, sie selbst entsprechend freundlich und distanziert.

Bei mir hingegen herrscht Chaos. Die Zimmer ähneln Schmugglergrotten mit Plakaten an Wänden und Decke. Bücher überall, Krimskrams, ein überbordender Plattenschrank, die Schubladen verstopft mit Kartons und Schätzen aus Jugendtagen. Die Staubfänger sind Legion. Meine Wohnung ähnelt dem senil gewordenen Gedächtnis eines langen Lebens. Ich bin 65 Jahre alt.

Ein Flohmarkt also, an einem warmen Maitag mit bestem Trödelwetter, Sonne und sanfter Wind. Langsam schreitend nahm ich die Parade der Stände ab. Dieses Schreiten ist eine ganz besondere Art zu gehen: die Hände hinter dem Rücken verschränkt, ein konzentriertes Schlendern. Kaum anstrengend, ich kann das stundenlang, ohne zu ermüden. Dazu gehört eine besondere Art zu schauen: ohne Erwartung, aber wach. Konzentriert, aber nicht fokussiert. Hat man diesen schwierigen Schwebezustand erreicht, fließen die meisten Dinge wie unsichtbar an einem vorbei (Videospiele und Kaffeekannen, Metallschilder und Kristallglasbecher, Batikröcke und Plattenspieler).

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